GERHARD RÜHM | schöner wohnen

Christine König Galerie, Vienna | March 10 – April 29, 2017

Gerhard Rühm wurde 1930 in Wien geboren. Er lebt und arbeitet in Köln und Wien. Mitte der 50er Jahre Mitbegründer der “Wiener Gruppe” (Achleitner, Artmann, Bayer, Rühm, Wiener). Von 1972 bis 1995 Lehrtätigkeit an der Hamburger Hochschule für bildende Künste. 1991 Großer Österreichischer Staatspreis.

Seit Anfang der 50er Jahre war Gerhard Rühm intermedial orientiert und immer auf der Suche nach neuen und unverbrauchten Formen künstlerischen Ausdrucks. Die grafische Gestaltung resultierte aus der konkreten Poesie, Gedichte wurden Chansons, Musik wiederum grafisch lesbar. In der Tradition der Wortkunst des Barock/Expressionismus/Dada stehend, entwickelte er Dichtung vor allem in Grenzbereichen weiter, sowohl hin zur bildenden Kunst (visuelle Poesie, gestische und konzeptionelle Zeichnungen, Fotomontagen, Buchobjekte) als auch zur Musik (auditive Poesie als Sprech-und Tonbandtexte, Chansons, dokumentarische Melodramen, Vokalensembles, konzeptionelle Klavierstücke wie Text-Ton-Transformationen).

1960 erschien die erste Ausgabe der deutschen Monatszeitschrift “Schöner Wohnen”. Bis heute ist es ein Magazin zu den Themen Wohnen, Einrichten, Bauen und versammelt auf ihren Seiten inhaltsleere Abbildungen von vermeintlich modernen und ästhetisch ansprechenden Interieurs. Das Publikum soll sich in imaginierte Wohnräume flüchten können. Gerhard Rühm erkannte darin ein Verzerren der Realität: Deutschland und Österreich waren zu dieser Zeit noch in der Nachkriegsdepression gefangen. Die Menschen gaben sich modern, lebten aber nicht eine moderne Gesinnung.

In kritischer und sarkastischer Auseinandersetzung verarbeitet Gerhard Rühm diese inszenierte Identität in einer Serie von Collagen unter dem Titel “schöner wohnen”. In den 60er Jahre begonnen und in den neuesten Arbeiten fortgeführt, eröffnet sich dem Betrachter bei genauem Hinsehen eine Persiflage zum schöner Wohnen. An die Stelle der Bilder, die üblicherweise an der Wand hängen, fügt er bewusst überblendend provokante Fotos ein.