TONI SCHMALE

Christine König Galerie, Vienna | May 2 – June 22, 2019

Oberflächenpräzision, Anbetung und Unterwerfung des Materials sowie Körperlichkeit sind Konstanten, aber auch Parameter der Veränderung in den jüngsten Arbeiten von Toni Schmale (geb. 1980 in Hamburg, lebt und arbeitet in Wien). Stellten ihre Skulpturen zuvor ein Angebot an den Betrachter, der herauszufinden hatte was und ob etwas damit gemacht werden kann, tritt stellvertretend dafür eine Handlung ein. Im Dialog der Künstlerin mit den harten Materialien – oft unbeugsam aber immer in der Hoffnung auf Bezwingung – wird kaum eine Spur davon an den Arbeiten zurückgelassen. Die gebogenen Rohre, geknickten Platten und balancierenden Betonblöcke verbergen ihre eigenwillige, innere Funktion – einen eigenen Willen – durch das Schleifen, Polieren, Brünieren und Sandstrahlen und ihre ineinandergreifende Konstruktionsweise. Das Material wird seiner industriellen Normierung entfremdet, überdehnt, gefaltet und geknickt. Weder Starrheit noch Schwere wirkt am Ende des Prozesses auf die Arbeiten ein; was bleibt, ist eine ruhige Stille.

Es ist nach wie vor gültig, was Silvia Eiblmayr 2015 über das Werk von Toni Schmale schreibt: Sie aktiviere bereits in ihren Titeln Fantasien durch das Öffnen von imaginären Räumen, die sie „in der perfektionistischen Metallbau- und Betonästhetik ihrer Arbeiten sich gleichsam verfangen lässt. Schmales Skulpturen oszillieren zwischen Alltagsgegenstand, Gerät, Maschine, Möbel oder Architekturdetail, und sie sind keines davon. Sie sind vielmehr eher Abstraktionen dieser jeweiligen Bezugsfiguren, aber zugleich sind sie höchst konkret in ihrer technoiden Präzision und unter die Haut gehenden Materialität, die mit einer merkwürdigen widerspenstigen Sinnlichkeit einhergeht.“[1]

Toni Schmales Formen entwickeln eine Körperlichkeit, die humorvoll sein kann: Fäuste dienen Mistkübeln als Füße, Betonblöcke werden von zwei L-förmigen, hauchdünnen Stahlplatten getragen, ein Gittergeflecht aus Stahlrohren erstreckt sich beinahe frei schwebend in den Raum. Manche Materialien erscheinen trotz ihrer Beschaffenheit weich, leicht oder flexibel; die Künstlerin verschiebt ästhetisch-haptische Qualitäten zugunsten einer formalen Analyse von Proportion, Architektonik und Wahrnehmung.

Neben der räumlichen Verwirklichung bildhauerischer Statements, hat Toni Schmale für diese Ausstellung ‚alte Bekannte‘ eingeladen, die auf Bildreliefs wohnen: es sind Figuren, die Ähnlichkeit mit ihren frühen Animationen haben. Eine Arbeit stellt eine abstrahierte Variante des bekannten Serienduos Snoopy und Woodstock aus „Die Peanuts“ dar. Die Beziehung zwischen beiden ist familiär und bietet für das ungleiche Paar einen Zufluchtsort in ihrer Vertrautheit. Schließlich ist Snoopy der einzige, der Woodstocks stenografische Versprachlichung übersetzen kann und er fühlt sich verantwortlich für ihn (denn Woodstock wurde auf einem Nest auf Snoopys Bauch geboren). Beziehungen zum Material und zum Innenleben, in einigen von unzähligen Facetten, werden hier artikuliert. Die Wandarbeit ist ein Verweis auf die Vielschichtigkeit der künstlerischen Ausdrucksformen, zwischen denen Toni Schmale nonchalant agiert und die von disziplinären Kategorien keinerlei Gebrauch machen.


[1] Silvia Eiblmayr: Superego. Inside and Outside the Setting, in: Toni Schmale, Superego, hrsg. v. nGbK, Berlin 2015, S. 15