NATALIA STACHON | Metal Time

KOENIG2 by_robbygreif, Vienna | March 9 – April 29, 2017

De(kon)struktion und Transformation in ihren Prozessen und Zuständen prägen die Arbeiten von Natalia Stachon (*1976, Katowice, Polen). Die in Berlin lebende Künstlerin referenziert, abstrahiert und usurpiert dafür vielfältige Bilder, Fertigteile und Literatur, bevorzugt Lyrik. William Burroughs (1914-1997) dient ihr als starker Bezugspunkt, u.a. sein Roman Nova Express von 1964, dem auch der Ausstellungstitel entlehnt ist:

But I am not one in space I am one in time – Metal time – Radioactive time – So of course I tried to keep you all out of space – That is the end of time –

William S. Burrouhgs, Nova Express, London, 2014, S. 80

Methodisch schließt sich Natalia Stachon Burroughs’ cut-up und fold-in an: es werden unterschiedliche Textquellen in kleine Fragmente zerschnitten oder gefaltet und neu angeordnet oder verschachtelt. Dieser eigentlich simplen Kompositionsmethode, die auf Dekonstruktion und Zufall basiert sowie auf Abstraktion und Offenheit von Form zielt, gelingt es Burroughs eine eindrückliche Sprache zu entlocken. Stachon entwickelt aus demselben Arbeitsprozess eine universelle Lesbarkeit, die ihren Sinn aus Überschneidungen generiert. Für ihre Arbeiten THIS DEAD WHISTLE STOP und NEVER WAS MINE benutzt sie der Orientierung dienende Leuchtschilder und transformiert diese, indem Zitate von Burroughs’ cut-up Gedichten aus den 1960er Jahren auf gummierten Aluminiumplatten übereinander gehängt werden. Die Schilder werden ihrer Funktion enthoben, können aber durch die Überlagerungen nur Stückweise gelesen und dechiffriert werden.

Eine andere Art von Dekonstruktion erschließt Stachon in ihren Skulpturen, die sich der Minimal Art nähern: Blinding 02 besteht aus neun scheinbar standardisierten U-Profilen aus Kupfer, von denen zwei eine Patina angenommen haben. Bei ihrer aufwendigen Entstehung nahezu identisch verändert sich das Material durch Berührung, Oxidation und Luftfeuchtigkeit immer weiter, bis es blind und matt wird. Die Materialwahl lehnt sich bewusst an Arbeiten von Robert Morris und Carl Andre an, die scheinbar willkürliche Platzierung im Raum übersetzt jedoch den Bezug zur Minimal Art in ein entleertes Zitat.

Als Vorlage für ihre Zeichnungsserie The History of Aberrations dienen Bilder, auf denen zerstörte oder umgeknickte Strommasten zu sehen sind: partiell von Scheinwerfern aus- geleuchtet, schweben sie wie seltsame, bedrohliche Skulpturen über der Straße, in einer von völliger Dunkelheit verschlungenen Landschaft. Sie sind eine Anomalie in dem endlosen System der vor und hinter ihnen stehenden Masten. Sie erzählen eine Geschichte über die Abweichung. Und es sind Motive, die eindrücklich von der Absurdität unseres Alltags sprechen.